Sémira Adamu wurde bei ihrer Abschiebung getötet
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Übersetzung: Nadine Gevret - off limits
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SEMIRA ADAMU ist am Dienstag, den 22. September 1998 gegen 21 Uhr in der Klinik St-Luc in Brüssel gestorben. Sie lag seit einigen Stunden im Koma infolge einen brutalen Abschiebungsversuch seitens der belgischen Gendarmerie auf Anordnung der Ausländerbehörde. Sie war zwanzig Jahre alt... Sie war aus Nigeria geflüchtet, weil man versucht hatte, sie zwangsweise mit einem einen sechzigjährigen Mann zu verheiraten, dessen vierte Frau sie werden sollte. Sie ist mehrmals nach Togo geflüchtet; dann ab 25. März 1998, mit Hilfe von Freunden, kommt sie nach Belgien. Der Einreise wird ihr sofort verweigert. Ihre Kenntnisse über Belgien beschränken sich auf den Flughafen und auf eine geschlossene Unterkunft für "illegale Ausländer", die Nummer 127bis von Steenokkerzeel. Die belgische Behörde hatte bereits sechsmal versucht, sie abzuschieben. Der Grund für die Einreiseverweigerung:... Die Genfer Flüchtlingskonvention sieht nichts im Fall von mißbrauchten Frauen vor!!
Sémira Adamu war 20 Jahre alt... Sie war aus Nigeria geflüchtet, weil man sie zwangsweise mit einem sechzigjährigen Mann verheiraten wollte, dessen vierte Frau sie geworden wäre. Sie war mehrmals nach Togo geflüchtet, aber sie wurde jedesmal wieder gefunden und nach Hause gebracht. Am 25. März kommt sie mit Hilfe von Freunden in Belgien an. Die Einreise wird ihr sofort verweigert. Alles, was sie von diesem Land kennen gelernt hat, beschränkt sich auf den Flughafen und auf die geschlossene Unterkunft für "illegale Ausländer", die Nummer 127 bis in Steenokkerzeel. Der Grund für die Einreiseverweigerung... Die Genfer Flüchtlingskonvention sieht für die Fälle von Frauenmißhandlungen nichts vor!
Heute nacht hat sich eine Delegation des Kollektivs gegen Abschiebungen zum Haus von Louis Tobback, dem Innenminister, begeben und seinen Rücktritt gefordert.
Ihr Tod stellt viele Fragen...
Mehrere kuriose Sachen haben sich im Krankenhaus ereignet.
Deswegen wollen wir Aussagen von Passagieren sammeln, ein Gegengutachten und eine unabhängige Obduktion veranlassen, damit Licht über das Geschehen gemacht wird.
Wir sind nicht mit einem Ausrutscher konfrontiert, sondern mit einer alltäglichen und schändlichen Praxis, die sich im Falle von Sémira als die bedauerliche Konsequenz der Drohungen, die ihr gegenüber seit ihrer Ankunft in Belgien ausgesprochen wurden, erwiesen hat. Dies macht ein Prozeß erforderlich, bei dem über die Verantwortlichen für dieses "Verbrechen" geurteilt werden kann. Auf jeder Ebene der Verantwortung. Die Verantwortung muß unserer Meinung nach bei den Ausführern (Gendamen), den Helfern (Sabena) und vor allem bei den Entscheidern (Innenminister und Ausländerbehörde) dieser Terrorpolitik gesucht werden.
Das tragische Ende von Sémira fegt alle Zweifel weg, die manche über die Unmenschlichkeit einer Abschiebepolitik noch haben konnten.
Daher fordern wir den sofortigen Rücktritt des Innenministers (Louis Tobback) und des Leiters der Ausländerbehörde (Schwebebach).
Wenn der Staat mordet
Nachdem ihr Antrag abgelehnt wurde; haben die belgischen Behörden versucht, sie sechsmal abzuschieben. Sémira Adamu ist heute gestorben, sie ist Opfer dieser unsinnigen und kriminellen Hetze. Dies ist nicht hinnehmbar! Eine junge Frau von 20 Jahren wird durch die belgische Polizei gehetzt, terrorisiert und verfolgt, bis der Tod eintritt.
Was in Belgien gerade geschehen ist, kann jederzeit in Frankreich, in Deutschland und in allen Ländern der Festung Europa passieren, in den repressive Gesetze gegen MigrantInnen gerade harmonisiert werden, in denen eine ungeheure Praxis zum Alltag wird. Männer, Frauen und Kinder werden verfolgt, wie Tiere gehetzt, abgeschoben, und dies in einer beinah allgemeinen Gleichgültigkeit. Muß man auf eine Dutzend Tote, bis eine Reaktion kommt? In Frankreich wird im Falle des sans-papier aus Sri-Lanka, der 1991 infolge einer zu brutalen Abschiebung gestorben ist, immer noch ermittelt.
Wenn es heute zur Ermordung einer Ausländerin gekommen ist, bedeutet dies, daß tagtäglich Gewalt in den Polizeiwachen, den Abschiebeknästen, den Transitzonen und sogar in den Flugzeugen von Polizisten angewandt wird. Unter dem Vorwand, eine Politik der Sicherheit und der Grenzschließung, werden alle Arten des Mißbrauchs innerhalb der Polizei und der Behörden zugelassen.
Wir protestieren mit unserer letzten Kraft gegen diese Politik, die nur eine barbarische Praxis gebären und fördern können. Wir klagen auch die Fluggesellschaften an, die sich zu Komplizen dieser Politik machen, indem sie akzeptieren, die abgeschobenen sans-papiers unter solchen Bedingungen zu befördern. Die Politik der Grenzschließung ist nicht mit der Respektierung der Menschenrechte zu vereinbaren.
Reagieren wir alle zusammen, bevor es zu spät wird.
Um unserer Empörung Ausdruck zu verleihen, organisieren wir eine Protestkungebung vor der belgischen Botschaft in Paris, 9 rue de Tilsit, 75017 Paris, Metro: Charles de Gaulle-Etoile:
Kontakt: Collectif des sans-papiers du Val-de-Marne. Tel. 01 49 80 31 79 - Fax 01 43 77 25 12 - Handies: 06 85 61 41 05 und 06 85 28 05 48.