Eröffnung: Fanny-Michaela Reisin
Präsidentin der Internationalen Liga für Menschenrechte [pajol]

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Bevor ich die heutige Veranstaltung eröffne, gedenken wir der im Jahre 1998 verstorbenen Mitglieder der LIGA :
Im März vzerstarb Prof. Dr. Ossip Karl Flechtheim. Ossip Flechtheim war Jahrzehnte lang Vizepräsident der Internationalen Liga für Menschenrechte. Der Republik fehlen Menschen vom Geiste Felchtheims. Wir beklagen ebenfalls den Tod von Prof. Dr. Dietrich Goldschmidt. Er war lange Zeit der Vorsitzende unseres Kuratoriums zur Auslobun der Träger und Trägerinnen der Carl-von-Ossietzky-Medaille.
Es starben außerdem unsere Mitglieder : Ansgar Skriver und Frau Karin Lührse.
Zum Gedenken der Totn bitte ich Sie, sich von Ihren Plätzen zu erheben.

Ich danke Ihnen.


Fanny-Michaela Reisin, Madjiguène Cissé, Mouna Bentoumi

SEHR geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,
im Namen der Liga begrüße ich Sie sehr herzlich.
Wir sind sehr glücklich, Sie, liebe Madjiguène Cissé, gemeinsam mit zehn Vertretern und Vertreterinnen der Collectifs des SANS-PAPIERS heute zu Ihrem Ehrentag wilkommen zu heissen.

Ich freue mich sehr, daß Frau Rosalinda von Ossietzky-Palm mit dem Enkelsohn Carl-von Ossietzkys, Herrn Ebbe von Ossietzky-Palm, aus Stockholm zu uns gekommen sind. Frau Ossietzky-Palm mißt der heuigen Ehrung eine überaus große Bedeutung zu.

Es ist mir eine große Ehre, den Bezirksbürgermeister von Tiergarten, Herrn Jenssen heute bei uns zu wissen. Sehr, sehr herzlich, möchte ich den Laudator der Ausgezeichneten, Herrn Dr. Heribert Prantl und nicht minder herzlich auch die beiden Medaillenträger Herrn Karl Finke und Herrn Hannes Heer begrüßen. Daß Sie alle, trotz großer Zeitnot, den Weg nach Berlin gefunden haben, bekräftigt die Nominerung des Kuratoriums.

Im 50. Jahr nach der Verkündung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte am 10.Dezember 1948 durch die Vereinten Nationen in Paris, freuen wir uns sehr, Frau Madjiguène Cissé und die Collectifs des SANS-PAPIERS mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille auszuzeichnen.
Zum ersten Mal in der Geschichte der Internationalen Liga für Menschenrechte geht die Medaille an eine Gruppe, die sich aus Menschen vieler unterschiedlicher Nationalitäten aus mehreren Kontinenten zusammensetzt. Die zentrale Forderung der SANS-PAPIERS " Papiere für alle " - zu lesen auch als " Menschenrechte für alle " - weist über die Grenzen dieses Kkontinents und dieser Tage hinaus.

Eine ganz besondere Freude ist es mir, daß mit Madjiguène Cissé, die die Medaille für die ganze Gruppe entgegennimmt, eine Frau ausgezeichnet wird, die von Beginn an maßgeblich an der politischen und organisatorischen Gestaltung der Bewegung der SANS-PAPIERS beteiligt war.

Madjiguène Cissé und den Collectifs des SANS-PAPIERS kommt das Verdienst zu, seit zweieinhalb Jahren unter schwierigsten Bedingungen eine der gegenwärtig eklatantesten Verletzungen der universellen Menschenrechte an die Öffentlichkeit gebracht zu haben : Die Illegalisierung von Menschen. Es geht allein in Europa um Hundertausende; Männer, Frauen, Kinder und Jugendliche, die unter uns leben und doch zur Unsichtbarkeit verurteilt sind.

Anläßlich der Auszeichnung der Gruppe, von deren Mitgliedern sehr viele aus Afrika stammen, drängt es sich auf, an ein schaändliches historisches Datum zu erinnern, dessen Auswirkungen bis zur Gegenwart reichenn : Am 26.Fezbruar 1885 fand hier in Berlin die sogenannte Kongo-Konferenz statt, auf der 14 europäische Staaten große Teile des afrikanischen Kontinents unter sich aufteilten. Um die Jahrhundertwende waren dann 90,4% der Fläche Afrikas zu Kolonialgebieten erklärt worden.

Für uns in der Liga ist der 50. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vor allem ein Anlaß, kritisch nach dem Stand ihrer Umstzung und Entwicklung zu fragen.

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte weist über die traditionellen bürgerlich-liberalen Grunderechte hinaus. Das Recht auf Asyl und ein Recht auf Staatsangehörigkeit sind in ihr als universelle Menschenrechte verankert. Ebenso die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte, wie das recht auf menschenwürdige Arbeit, Bildung, Gesundheit und auf Teilhabe am kulturellen Leben, an den künstlerischen und wissenschaftlichen Errungenschaften, Menschenrechte der sogenannten zweiten Generation also.

Die beiden Folgeabkommen von 1966, der Internationale Pakt über bürgerliche und plitische sowie der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, konkretiserten alle Rechte der ersten und zweiten Generation. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker, das beiden Internationalen Pakten gleichlautend vorangestellt ist und vor allem den nationalen Befreiungsbewegungen in Afrika Rechnung trug, leitete die sogeannte dritte Menschenrechtsgeneration ein.

Das Instrument für die Anerkennung und Verwirklichung der in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte niedergeleten Rechte und Freiheiten sollte nach dem Ende des zweiten Weltkriegs der Nationalstaat sein. Er schien die am besten geeignete Struktur zu sein, politische, wirtschaftliche, soziale und in der Folgezeit auch ökologische Rechte, sicherzustellen.

Seit den achtziger Jahren wird jedoch der Staat in seinen Steuerungs- und Umverteilungesmöglichkeiten systematisch zurückgedraängt. Der Sozialstaat wird von Neoliberalen als " Exzeß der Demokratie " diskreditiert. Gefordert und umgesetzt wird in weiten Bereichen der Abbau des Sozialstaats und der Aufbau eines Wirtschaftssystems ohne Grenzen. " Freie Marktwirtschaft " auf dem gesamten Globus heißt die Zauberlosung. Die Länder der sogenannten Dritten Welt sind erneut Hauptopfer einer zügellosen Ausbeutung von Menschen und Natur.

Daß in den offiziellen Festakten zum 50. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte den wirtschaftlichen und sozialen sowie den Menschenrechten der dritten Generation nur eine randständige Rolle eingeräumt wird, verwundert nicht. Demgegenüber ist es uns unverständlich, daß Rechte der zweiten und dritten Generation von einigen Menschen rechtsorganisationen unter den Nichtregierungsorganiationen in den westlichen Zentren nicht an erster Stelle gefordert werden. Einer solchen, u. E. Falschen Politik, ist es zuzuschreiben, daß es auch in den eigegnen Reihen der Menschenrechtsaktivistinnen und aktivisten bisher nicht gelungen ist, das Nord-Süd-Gefälle aufzubrechen und aus der Menschenrechtsbewegung eine weltumspannende soziale Bewegung zu machen, mit der die etablierten nationalstaatlichen und überstaatlichen Institutionene zu rechnen hätten.

Gegenwärtig scheinen die elementaren Menschenrechte für die meisten Menschen des Globus unerreichbarer zu sein als je zuvor. Mehr noch, tendenziell zeichnet sich eine reale Politik ab, die einer Rücknahme von grundlegenden Bestimmungen, die in den Abkommen und Konventionen als universelle Menschenrechte festgeschrieben wurden, gleichkommt. Ich erinnere an die faktische Abschaffung des Asylrechts in Deutschland und an die Nichtrespektierung internationaler Standards im Flüchtlingsrecht.
Anknüpfend an Artikel 13 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, der die Freizügigkeit eines jeden Menschen garantiert, lautet eine der Fordrung der SANS-PAPIERS :

" Wir wollen die gleiche Bewegungsfreiheit wie das Kapital . "

Angesichts der schon erreichten und immer weiter forcierten Bewegungsfreiheit des globalisierten Kapitals lenkt diese Forderung den Blick in die Richtnung der ökonomischen Zusammenhänge, die die Migrationsströme verursachen, und verweist auf die faktische Diskrepanz zwischen Geld- und Menschenrechten.

Es ist nur einige Wochen her, da, von der Öffentlichkeit fast unbemerkt, in der Welthandelsorganisation ein Vertragswerk verabschiedet werden sollte, das seit 1995 von den 29 führen den Nationen hinter verschlossenen Türen ausgearbeitet worden war und die völlig freie Bewegung des Investitionskapitals um den gesamten Globus zum aleinigen Ziel hatte.

Nachdem die Bemühungen der Vereinten Nationen um eine Weltwirtschaftsordnung, die zu einer gerchteren, sozial- und umweltverträglichen Wirtschaftspraxis führen sollte, in den 60er und 70er Jahre vereitelt worden waqren, gingen die führenden transnationalen Unternehmen dazu über, mit einem Multilateralen Abkommen über Investitionen - dem sogenannten MAI-Abkommen - die " Verfassung zur einheitlichen Weltwirtschaft " im Interesse der maximalen Kapitalverwertung festzuschreiben.

Die Aufklärung über Buchstaben und Geist des Vertragswerks ist ausschließlich Nichtregierungs- und Basisorganisationen zu verdanken. Es konnte in letzter Minute verhindert werden, da es parlamentarisch - etwa in Frankreich - nicht durchsetzbar gewesen wäre. Indes sind die strategischen Ziele, auf die es ausgerichtet war, keineswegs aufgegeben.

Mit der sogenannten " Exit option " sollte jedem Investor die Option zugebilligt werden, sich rund um den Globus die rentabelsten Verwertungsbedingungen zu suchen , ohne durch nationale Gesetze, Regeln oder durch Zwänge behindert zu werden. Die wichtigste Wirkung dieses Instuments besteht darin, die Gewerkschaften, die Regierungen - kurzum eine ganze Nation in Schach zu halten.

Die sogenannte " Roll-back " -Bestimmung sah vor, daß alle bestehenden und mit dem Abkommen unvereinbaren Gesetze und Regelungen eines Landes, d. H. Beispeilsweise soziale und ökologische Rahmenbedingungen, tarifpolitische, arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen und sozialpolitische Solidarverträge in einem festzulegenden Zeitraum eingeschränkt oder gänzlich abgeschafft hätten werden müssen.

" Alle durch Krieg, bewaffneten Konflikt, Ausnahmezustand, Revolution, Aufstand, bürgerliche Unruhen und ähnliche Vorgänge verursachten Verluste aller Art müssen unverzüglich (...) dem Investor ohne Diskriminierung ersetzt werden ". Enteignungen hätten nur bei unverzüglicher und effektiver Entschädigung erfolgen dürfen.

Für die Länder der sogenannten Dritten Welt entpuppte sich das Abkommen als eine neuerliche Gängelung par excellence :

Für die Träger des neuzeitlichen Wandels des Weltmarkts sollte so abgesichert werden, daß ein Land der sogenannten Dritten Welt sämtliche umweltzerstörenden oder die Gesellschaft belasten den Folgen der Investitionen hinnehmen muß.

Das zu Fall gebrachte MAI-Abkommen war die puristische Auslegung der sogenannten Globalisierungstrategie, die von IWF, Weltbank und willfährig auch von den Nationalstaaten zur allein selig machenden Zukunftsvision hochstilisiert wurde.

In mehr als siebzig Ländern, vor allem im Süden der Erde, ist das Pro-Kopf-Einkommen in den letzten zwanzig Jahren gesunken. Weltweit leben 3 Mrd. Menschen - die Hälfte der Menschheit -mit weniger Einnahmen als eineinhalb Dollar pro Tag.

Besonders Frauen sind von dieser Art der Globalisierung betroffen : Siebzig Prozent der 1,3 Milliarden Menschen, die als absolut arm gelten, sind nach Aussagen der UN und der Weltbank Frauen.

Der " Standortvorteil " der Billiglohnländer - um dieses scheußliche Modewort zu gebrauchen- ist vor allem jungen Frauen zu " danken ", die unter miserablen Arbeitsbedingunen geradezu verheizt werden. Arbeiterinnen in Thailand gelten aufgrund gesundheitlicher Schädigung nach fünf Jahren als nicht mehr " effizient einsetzbar ".
Migration und Flucht sind die unausbleibliche Kehrseite der freien Mobilitaät des Kapitals.

Die Vereinten Nationen gingen 1997 davon aus, daß schätzungsweise 130 Millionen Flüchtlinge und Migranten außerhalb ihrer Heimatländer leben. Jeder 50. Mensch ist heute auf der Flucht oder Migration zwischen den Nationen und den Kontinenten. Ein Drittel der Flüchtlinge kommt nach Europa. Der weitaus größere Teil bleibt in den Armustregionen.
In der Europäischen Union sind wir gegenwärtig Zeugen einer paradoxen Politik : Kein Regierungsvertreter käme auf den Gedanken zu erklären, daß Flucht und Migration Starftatbestände sind. Gleichwohl wird aber die legale Einwanderung, ja schon die Einreisemöglichkeit, drastisch eingeschränkt. Grenzen in Westeuropa sind Aus-Grenzen.

Der heimliche Grenzübertritt ist die einzige verbleibende Option für diejenigen, die die Kraft noch aufbringen, dem Elend oder der Gefar für ihr Leven zu entkommen. Diese einzige Exit-Option für Menschen wird von der Europäischen Union inszwischen einheitlich unter Strafe gestellt. Jegliche Form der Unterstützung der auf diese Weise illegalisierten Flucht und Migration wird von den strafvervolgenden Behörden ebenfalls strafrechtlich geahndet.

Im Jahre 1997 stellten 104,353 Personen Erstanträge auf Asyl in der Bundesrepublik. Die Mehrheit dieser Flüchtlinge haben ihren Antrag erst nach heimlicher Einreise oder während ihres ungere gelten Aufenthalts im Land gestellts.

Der tatsäliche Umfang der heimlich Einreisenden kann nur geschätzt werden. Die meisten streben das Asyl- oder andere Verfahren zur Regelung ihres Status gar nicht mehr an. Das Risiko eines demütigen den Lager lebens oder der sofortigen Abschiebung ist zu hoch.

In den viereinhalb Jahren vom 1. Januar 1993 bis Mitte 1997 haben 60 Menschen ihr Leben beim Versuch des heimlichen Grenzübertritts an der Oder und Neiße verloren. Nach Erhebungen des europaweiten Netzwerks UNITED sind im gleichen Zeitraum mindestens 823 Flüchtlinge an den Außengrenzen der Schengener Vertragbstaaten ums Leben gekommen. Die tatsächliche Zahl ist vermutlich erheblich höher. Es gibt Schätzungen, denen zufolge in den sieben Jahren von 1990 bis 1997 zwischen 2.000 und 4.000 Menschen bei der heimlichen Üverfahrt von Marokko nach Spanien in der Meeresenge von Gillbratar umgekommen sind.

In der Bundesrepublik wurden 1996 an der polnischen und tschechischen Grenze insgesamt 22.000 Personen festgenommen. Fast die Hälfte waren Frauen. Das Durchschnittsalter der Flüchtlinge lag unter 24 Jahren.
Als vesonderen Verstoß gegen elementare Menschenrechte und gegen das Übereinkommen über die Rechte des Kindes, das in der Bundesrepublik Deutschland seit 1992 in Kraft ist, sehen wir die stufenlose Eingliederung von Minderjährigen in das gesamte Illegalisierungssystem an.

Artikel 22 der Kinderrechtskonvention fordert von jedem Unterzeichnerstaat, einem Kind, das die Rechtsstellung eines Flüchtlings begehrt, Schutz und humanitäre Hilfe zu gewähren, " unabhängig davon, ob es sich in Begleitung seiner Eltern oder einer anderen Person befindet oder nicht ".

Faktisch wird die Kinderrechtskonvention durch die geltende asyl- und ausländerrechtliche Praxis unterlaufen, nach der Minderjährige schon ab 16 Jahre als uneingeschränkt rechtlich handlungsfähig gelten. Das bedeutet auch, daß sie abgeschoben oder in Abschiebehaft genommen werden können. Auf diesen offenkundigen Widerspruch zur Kinderrechtskonvention, die von der üblichen Volljährigkeit ab dem Alter von 18 Jahren ausgeht, wurde die Öffentlichkeit erst unlängst auf erschreckende Art und Weise aufmerksam gemacht : Ein 16 jähriger Jungendlicher aus Indien, der sich seit Mitte September im Jugendgefängnis Halle in Abschiebehaft befand, hatte sich erhängt.

Wir appelieren dringend an die neue Bundesregierung , die volle Wirksamkeit der UN-Kinderrechtskonvention durch Gesetzesänderung herzustellen. Dazu gehört die Suspendierung des Vorbehalts, in dem die alte Regierung in einer gesonderten Erklärung den Vorrang der nationalstaatlichen Kontrollen bei der Einreise in das Bundesgebiet über die Konventions bestimmungen fest geschrieben hat.

Bevor ich abschließe, will ich unsere Sorge um den Bestand der Rechtstaatlichkeit und der Demokratie in unserer Republik zum Ausdruck bringen.

Der neu gewählte Innenminister Schily hat rechtsextreme Gewalttätigkeiten als eine der größten innenpolitischen Gefahrenquellen identifiziert. Die Internationale Liga für Menschenrechte hat dieses Problem schon lange zum Schwerpunkt ihres politischen Wirkens gemacht.

Wir sehen jedoch , wie von offizieller Stelle mit vielfätigen rechtlich sanktionierten Maßnahmen eine Staatsraison etabliert wird, die auf einer Ausgrenzung von Menschen beruht, die rasistische Züge trägt. Taxifahrer in Grenzregionen machen sich strafbar, wenn sie Fahrgäste mit " "verd*achtiger " Hautfarbe und Kleidung befördern anstatt sie einer Überprüfung zuzuführen.

Eine Zusammenfassung aller Verordnungen und Gestze, mit denen Behörden, Bevölkerungsinitiativen, Unternehmen und Unternehmensvebände heimlich Eingereiste in Grenzregionen aufspüren und denunzieren sollen, macht nicht nur einen besorgniserregend breiten gesellschaftlichen Zusammenschluß, sondern auch die zunehmend an äußeren und biologischen Erscheinungsmerkmalen festgemachte Bestimmung des Feindbiles " Illegale " deutlich.

Wir haben die Regierung gewechselt. Ob wir im 50. Jahr nach der Allemeinen Erklärung der Menschenrechte auch einer neuen Politik zum Durchbruch verhelfen werden, die die Materialisierung der Menschenrechte, der Kinderrechts-, sowie aller Antidiskriminierungskonventionen als Ziel verfolgt, ist noch offen. Bisher vernehmen wir Erklärung vor allem der Minister für Außen- und für Innenpolitik, die der Kontinuität verpflichtet sind. Um es klar zu sagen : Die Wähler und Wählerinnen dieser Regierung wollten nicht vorrangig Kontinuität, sondern endlich Veränderung, d.H. Humanisierung und Demokratisierung der Politik.

So lange die internationale Wirtschaftsunordnung so ist, wie sie ist, und die Welt lediglich als globale Freihandelszone wahrnimmt, werden deren barbartische Folgen für viele Menschen besonders in der sog. Dritten Welt nicht verschwinden. Im Gegenteil : Armut, politische Unterdrückung und ökologische Katastrophen werden sogar noch zunehment. Solange nicht das Wohl von Menschen, sondern ausschließlich die Vermehrung des Geldgewinns für die Wirtschaftsverhältnisse bestimmend sind, können grunsätliche Probleme in den Ländern der sog. Dritten Welt nicht gelöst werden. Weil dies so ist, werden Menschen auch weiterhin versuchen, in die Zentren, d.h. zu uns, zu immigrieren. An diesem Sachverhalt können verschärfte Zugangsvoraussetzungen und selbst martialische Sicherungen der Außengrenzen nichts ändern.

Was not tut, ist eine grundlegende Reform des Verhältnisses von Nord und Süd, wozu auch eine Reform des internationalen Schuldenmanagements, die Demokratisierung der Weltbank sowie des IWF und die Ausrichtung ihrer Finanzpolitik an Menschenrechtsstandards gehört.

Genau an diesem Punkt erwarten wir von der neuen Bundesregierung wirksame Initiativen. Genau da werden wir uns in Zukunft ständig einmischen und für Unruhe sorgen.

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